Wer war der „Österreichische Bibelübersetzer“?
Von einem Laien für Laien
Durch seinen Laienstatus sind seine Übersetzung der Heiligen Schrift aber auch vehementen Anfeindungen preisgegeben, denen er sich insbesondere in den Vorreden zum „Alttestamentlichen Werk” sowie zu den einzelnen biblischen Büchern selbstbewusst entgegenstellt, wo er sogar – etwa in der Vorrede zum „Psalmenkommentar” – dezidiert für die Übertragung der Heiligen Schrift in die deutsche Sprache wirbt, um sie den Gläubigen besser zugänglich zu machen.
Doch nicht nur die Übersetzung ist wichtig, zentral ist auch sein Anliegen, die für Laien ausgewählten Texte mit einer bedeutnus zu versehen, einer begleitenden Glossierung, die auslegt, erklärt und kommentiert. Dabei verlässt der Anonymus sich neben der Inspiration durch den Heiligen Geist auch auf wol gelerter leut hilf und rat. So benutzt er neben der weit verbreiteten "Glossa ordinaria", dem Standardwerk zur Exegese und Kommentierung zur biblischen Geschichte, auch das zeitgenössische lateinische Psalmenwerk des Franziskaners Nikolaus von Lyra noch während dessen Entstehung. Unter den Handschriften des „Evangelienwerks” sind kostbare Stücke, deren prächtige Ausstattung einflussreiche und vermögende Auftraggeber vermuten lassen.
Noch weiß man wenig Genaues über diesen emsig schreibenden Anonymus, der die Bücher der Bibel übersetzt und auslegt und dabei Unterstützung gefunden haben muss. Für das Verständnis vorreformatorischer deutschsprachiger Bibelübersetzungen sowie für die Literaturgeschichtsschreibung Österreichs und die Epoche des Spätmittelalters ist er von großer Bedeutung.